Bauhaus in Magdeburg

Auf den Spuren des Bauhauses in Mitteldeutschland

Bauhaus Architektur in Magdeburg: Die Stadthalle

Nach einem Entwurf von Johannes Göderitz 1926/27 errichtete Stadthalle im Kulturpark Rotehorn
Diese und weitere Bauhaus-Sehenswürdigkeiten beschreibt Autor Wolfgang Knape in unserem Reiseführer Magdeburg

von Thorsten Schmidt

Magdeburg - Ein Zentrum des Neuen Bauens

Modern und bunt!
So sollte sich Magdeburg nach dem 1. Weltkrieg entwickeln. Diese Vision setzte der sozialdemokratische Oberbürgermeister Hermann Beims in seiner Amtszeit zwischen 1919 und 1931 als Verfechter des Neuen Bauens mit Begeisterung um. So unterstützte er in besonderem Maße Stadtplaner und Architekten wie Bruno Taut und Johannes Göderitz, Konrad Rühl und Gerhard Gauger - allesamt Vertreter der Architektur-Avantgarde und beeinflusst von der Moderne, insbesondere den Ideen des Bauhauses in Weimar.

Hermann Beims buhlte gar intensiv darum, Walter Gropius vom Umzug der Bauhaus-Schule nach Magdeburg zu überzeugen, was ihm bekanntlich nicht gelang. Wenn auch die Schule selbst ihren Sitz in Dessau nahm, so finden sich heute in Magdeburg auf wesentlich größerer Fläche bedeutende Zeugen dieser Kunst-Epoche als in der Stadt an der Mulde.

Bruno Tauts Generalbebauungsplan mit sozialverträglichem Charakter führte dessen Nachfolger Johannes Göderitz im Bauhaus-Sinne weiter. Es entstanden zahlreiche bunte Großsiedlungen, die den qualitativen Vergleich mit ebensolchen Anlagen in Hamburg, Frankfurt am Main oder Berlin nicht zu scheuen brauchen. Ebenso erwuchsen zahlreiche öffentliche Bauten im Stil des Neuen Bauens aus dem Boden der aufstrebenden Industriestadt wie z.B. das Verwaltungsgebäude der AOK in der Lüneburger Straße, die Halle "Stadt und Land" am Klaus-Miesner-Platz 2 sowie die Stadthalle am Heinrich-Heine-Platz 1.

Freunde von Bauhaus und Moderne sollten für Magdeburg genügend Zeit einplanen. Es gibt viel zu entdecken!

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Bauhaus Architektur in Magdeburg Reform

Gartenstadt-Siedlung Reform

Licht, Luft und Sonne sowie ganz viel Farbe! Von diesen Leitmotiven Bruno Tauts und weiterer gleichgesinnter Architekten sind viele der neuen Wohnsiedlungen der Moderne in Magdeburg geprägt - und ganz besonders die Gartenstadt-Kolonie Reform.

Wer zum ersten Mal auf der breiten Brenneckestraße die alte Arbeitersiedlung sucht, kann die auffällig-bunten Reihenhäuser mit ihren liebevoll-individuell angelegten Vorgärten nicht übersehen. Ob im Lilien-, Dahlien- oder Nelkenweg, im Flieder- oder Heckenweg überall trifft man auf Licht, Luft, Sonne und ganz viel Farbe. Wegen dieser im Zuge aktueller Restaurierung wiederbelebten bunten Fassengestaltung aus der Entstehungszeit 1913-33 gilt Reform heute neben der zeitgleich entstandenen Siedlung Falkenberg in Berlin ("Tuschkastensiedlung") als frühestes Beispiel einer stark farbig gestalteten Wohnsiedlung in Deutschland.

Im Zuge der stark voranschreitenden Industrialisierung Magdeburgs zogen tausende Menschen hierher, die alle Wohnraum brauchten. So gründeten 19 Arbeiter des Krupp-Gruson-Werkes 1909 die Genossenschaft "Gartenstadt-Kolonie Reform", für die der heimische Architekt A. Glimm 1911/12 die ersten vier Häuser an der heute noch so benannten Straße "Verlorener Grundstein" realisierte. Danach übernahm Bruno Taut und ergänzte die Siedlung um den Maienhof mit kurzen Kleinhauszeilen sowie in den frühen 1920er Jahren die geräumigeren Reihenhausgruppen im Bunten Weg und im Birnenweg. Von 1925-28 folgten Satteldachgebäude im Nelken- und Dahlienweg sowie 1929-33 langgestreckte Häuserzeilen am Lilienweg.

In der Kolonie Reform setzte Taut sein sogenanntes Außenwohnraumkonzept um. Zu dessen Grundsätzen zählen das Aufbrechen der starren Zeilenstruktur der Hausreihen durch vorspringende bzw. zurückgesetzte Gebäude. Dies schafft individelle Räume für die Bewohner und ein Gefühl von Behaglichkeit.

Wer heute durch die Anlagen schlendert, wird - vielleicht bei einem Plausch über den Gartenzaun - sehr bald dieses Gefühl ebenfalls verspüren.

Bauhaus Architektur in Magdeburg Reform

Hermann-Beims-Siedlung

Erreicht man heute die Beimssiedlung im Stadtteil Stadtfeld über die Flechtinger Straße, wird man freundlich von leuchtend gelb gestrichenen geradlinigen Häuserzeilen empfangen. Etwa 1980 Wohnungen von ursprünglich 5000 geplanten entstanden hier zum größten Teil in den Jahren 1926 bis 1929. Das Gesamtkonzept wurde nicht umgesetzt. Heute beläuft sich der Bestand auf etwa 2200 Wohnungen.

Vor allem Konrad Rühl (1885-1964) entwarf und errichtete im Auftrag der Magdeburger Gemeinnützigen Heimstätten AG und des Vereins für Kleinwohnungswesen die überwiegend rechtwinklige Wohnanlage mit dreigeschossigen, flachgedeckten Häusern, die teilweise durch Trockenböden ergänzt werden. Die Blöcke erregen besondere Aufmerksamkeit durch ihre imposante Ausführung in kantig gestaffelten Bauten, die recht weiträumige grüne Höfe bilden. Auf diese blickt man aus den heute wieder sehr begehrten Wohnungen von Balkon oder Loggia. Eine schnurgerade Pappelallee sorgt für eine auflockernde Sichtachse in Ost-West-Richtung. Im Jahr 1931 erhielt die Großsiedlung den Namen des im selben Jahr verstorbenen Magdeburger Oberbürgermeisters Hermann Beims, der sich während seiner gesamten Amtszeit für das Neue Bauen in der Elbestadt stark gemacht hatte. An die Siedlung grenzt nach Osten die ehemalige Encke-Kaserne. Die Nationalsozialisten hatten während ihrer Herrschaft die gesamte Siedlung nach dem preußischen General August Encke benannt.

Die Hermann-Beims-Siedlung findet heute als städtebauliches Denkmal überregional Beachtung als herausragendes Beispiel für Wohnungsarchitektur der Moderne in den 1920er Jahren.

Literatur

Reiseführer-Empfehlung Magdeburg

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  • Detaillierte Beschreibungen
  • 85 Fotos
  • Cityplan und Umgebungskarte
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In Magdeburg lassen sich neben den Werken von Bauhaus-Architekten auch zahlreiche romanische Schätze entdecken. Darüber hinaus laden großzügig angelegte Parkanlagen entlang der Elbe zum Durchstreifen und Verweilen ein.


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